Wie beschreibt man ein Land das eigentlich unbeschreiblich ist? Vielleicht indem man immer wieder verschiedene Positionen und Blickwinkel einnimmt, die sich stückchenweise zu einem großen Gesamtbild zusammensetzen. Zumindest ist das der Versuch den wir mit unserer #meroNepal Reihe unternehmen.
Unsere Praktikantin Monika Krattenmacher , eine Gymnasiallehrerin mit den Fächern Mathematik und Englisch hat im Schuljahr 2024/25 ein Sabbatjahr genommen , in dem sie drei Monate in unserem Kinderheim in Nepal tätig war. Wie sie dabei Nepal kennengelernt hat, hat sie uns im #meroNepal Interview erzählt.
Sie kennen unsere Reihe #meroNepal noch nicht? Dann lohnt sich vielleicht ein Blick in unseren Vorstellungsbeitrag in dem wir alle Fragen rund um die Reihe beantworten.
Stell dich mal vor...
Ich bin Monika (meine SchülerInnen kennen mich als Frau Krattenmacher ;)), 36 Jahre alt und arbeite seit 2016 als Gymnasiallehrerin in Stuttgart (Fächer: Englisch und Mathematik). Im Rahmen meines Sabbatjahres im Schuljahr 2024/25 war ich für drei Monate in Kathmandu, um im Haus der Hoffnung mitzuwirken.
Warst du davor schon mal in Nepal?
Nein, noch nie.
Kannst du dich noch erinnern, was dein erster Eindruck war als du in Nepal und in den Häusern ankamst?
Zwischen der Stadt Kathmandu und mir war es nicht gerade Liebe auf den ersten Blick: der Lärm, die Luftverschmutzung, der Müll, die Staus und die holprigen ungeteerten Straßen. An meinem ersten Arbeitstag hat es geschüttet wie aus Eimern. Es war ein Feiertag (Krishna Janmashtami) und wir waren mit den Kindern in einem nahegelegenen Park als der Monsunregen einsetzte. Niemand hatte einen Regenschirm dabei. Die Nepalesen haben sich alle unter einem Unterstand versammelt und gewartet, und das lange. Zu Beginn habe ich mich noch gefragt, warum wir nicht vorab die Wettervorhersage überprüft haben. Offiziell
war ja Regenzeit, und wir hätten sicherlich den Kindern sagen müssen, dass sie Regenschirme einpacken sollen. Während sich in mir die Unruhe breit machte, blieben die Nepalesen in der Ruhe. Alle schienen Zeit mitgebracht zu haben und sich keineswegs an der Unterbrechung zu stören. Es wurde gelacht und geplaudert. Die Kinder stellten entweder neugierig ihre Fragen oder beobachteten ruhig ihre Umgebung. Mein innerer Widerstand löste sich förmlich in Luft auf und ich war zunehmend ganz präsent im gegenwärtigen Moment.
Nepal begreift man nicht auf der Oberfläche. Man muss sich auf die Menschen einlassen, Zeit mitbringen und die Dinge auf sich wirken lassen. Dann offenbart sich einem eine andere Welt.
Was hast du den Kindern beigebracht?
Während der Schulzeit habe ich entweder jüngere Study Kids bei den Hausaufgaben unterstützt oder Übungen in Englisch bzw. Mathematik bei den Mädchen der Klassen 6-8 angeleitet. Mir hat beides Spaß gemacht. Bei der individuellen Förderung habe ich eine enge Beziehung mit meinen Study Kids aufgebaut. Ich konnte ihnen die Aufmerksamkeit schenken, die sie oft im Schulalltag zu wenig erhalten. Bei der Arbeit mit den Mädchen war mit die Schüleraktivierung und Methodenvielfalt besonders wichtig.
Was nimmst du aus deiner Zeit in Nepal mit? /Was hast du gelernt?
Obwohl die allermeisten Nepalesen täglich mit widrigen Umständen konfrontiert werden, wird in diesem Land wenig gejammert. Es mag in Anbetracht des Kastensystems wie ein Widerspruch klingen, aber ich habe durchaus einen starken Gruppenzusammenhalt in einzelnen Kontexten wahrgenommen, der sich sicherlich auch positiv auf die eigene Haltung gegenüber Krisen und Problemen auswirkt. Ich habe in Nepal zum ersten Mal den Individualismus im Westen kritisch hinterfragt. Wir genießen viele Freiheiten, können uns selbstverwirklichen und der Staat sorgt für uns. Dennoch fühlen sich viele zunehmend
überfordert und allein gelassen. Anstatt auf die Gruppe zu setzen, greift der Egoismus („Mefirst-Mentalität“) um sich.
Es gibt allerdings auch eine Sache, die ich mir für die junge Demokratie in Nepal wünschen würde. Dies wäre ein stärkerer Einbezug der Demokratiepädagogik im Erziehungs- bzw. Bildungswesen. Beides ist in dem Land nach wie vor überwiegend hierarchisch und autoritär geprägt. Für den Aufbau einer stabilen Demokratie braucht es allerdings eine stärkere Partizipation des einzelnen. Schulen spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Es braucht mehr Anlässe, bei denen sich SchülerInnen mit ihren kreativen Ideen und Meinungen einbringen können. Es sind schließlich die jungen Menschen, die das Land in der Zukunft weiter
aufbauen und voranbringen können.
War es die richtige Entscheidung ins Haus der Hoffnung zu gehen?
Absolut! Die Menschen vor Ort haben es mir sehr einfach gemacht, Teil der Gruppe zu sein. Ich habe mich stets gut aufgehoben gefühlt und Begegnungen gemacht, die mein Leben bereichert haben. Der Abschied ist mir nicht leicht gefallen, da man auch in kurzer Zeit starke Bindungen aufbaut.
Gibt es etwas, was du von den Kindern gelernt hast?
Dass man beim Abschied nicht weinen muss, weil man sich ja wiedersehen kann. ;)
Welche Orte sollte man deiner Meinung nach, bei einer Nepalreise, unbedingt besuchen?
Es gibt in Nepal sehr viele interessant Orte. Besonders gut sind mir Bandipur, das Riepe Village und Lumbini in Erinnerung geblieben.
In Kathmandu war Boudhanath mein Lieblingsort.
Dein Nepal Geheimtipp:
Ich habe während meines Aufenthalts im Hotel Kumari Inn in Tokha (Kathmandu) gewohnt. Dieses wird von Prem, einem richtigen Lama, betrieben. Mir hat es dort sehr gut gefallen und ich habe einiges über Nepal und den Mahayana-Buddhismus gelernt.
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