Inzwischen ist es fast schon eine kleine Tradition, dass wir mit Ihnen jedes Jahr auf die Feste welche in unseren Häusern gefeiert werden zurückblicken. Im speziellen Dashain und Tihar welche im Herbst gefeiert werden und für unsere Kinder mit längeren Ferien verbunden sind. Dieses Mal wollen wir das mit Dashain jedoch etwas anders gestalten, denn wie sie vielleicht aus den Berichten der letzten Jahre wissen fahren an Dashain viele unserer Kinder zurück in ihre Dörfer.
„Travel makes one modest. You see what a tiny place you occupy in the world.”
– Gustave Flaubert
Wie ist es eigentlich in einem Haus, ohne fließend Wasser zu leben? In einem Dorf, in dem alle Konsumgüter zu Fuß hingetragen werden müssen? Und wie wird dort eines der wichtigsten religiösen Feste des Hinduismus gefeiert? 5 unserer Praktikantinnen und Praktikanten waren eingeladen all das bei ihrem Besuch im Heimatdorf zweier unserer nepalesischen Verantwortlichen selbst zu erleben. Damit auch Sie ein klein wenig an dieser besonderen Gelegenheit teilhaben können, haben Celine und Elisa zum Glück den folgenden Beitrag verfasst. Viel Spaß bei einem kurzen Einblick in einen so anderen, kleinen Ort unserer Welt.
Jajarkot – Eine Reise fernab der Zivilisation
Anfang Oktober wurde Dashain, das wichtigste Fest der Hindus, gefeiert. Schon zuvor, hatten wir viel davon gehört und waren gespannt ein hinduistisches Fest miterleben zu dürfen. Traditionell wird Dashain 15 Tage lang gefeiert. Diese Tage beschreiben die Geschichte des Kampfes Durgas mit dem Dämon Mahishasura. Durga verkörpert als die Göttin der Vollkommenheit, Kraft, Wissen und Weisheit. Als Credo des Ganzen wird der Sieg des Guten über das Böse im Kreise der Familie gefeiert. Daher reisen die meisten Nepalesen in ihre Heimatdörfer, um das Fest gemeinsam mit der gesamten Verwandtschaft begehen zu können, und Kathmandu scheint wie leer gefegt.
Über die Dashain Tage haben auch die Kinder aus unserem Heim die Möglichkeit ihre Familien und Verwandten zu besuchen. Dal Bahadur, unser Hausleiter und Tilak, der Verantwortliche für die kleinen Kinder, fuhren mit circa 15 Kindern in ihr Dorf, und erstmalig durften auch wir, 5 Praktikanten, sie begleiten.
Los ging es mit einer 1 ½ tägigen Busfahrt, quer durch Nepal, um in den westlich liegenden Distrikt Jajarkot zu gelangen. Anschließend mussten wir einen ganzen Tag laufen, um das Dorf zu erreichen, denn Straßen und jegliche andere Anbindung zur Infrastruktur gibt es dort nicht. Völlig erschöpft von der langen Reise kamen wir abends in Tilak´s Dorf an und wurden liebevoll in Empfang genommen. Zum Abendessen gab es natürlich Dal Bhat, also das allgegenwärtige, nepalesische Landesgericht, bestehend aus Reis (Bhat), Linsensoße (Dal) und Gemüse. Eine Besonderheit der Region ist der rote Reis, der nur in einem sehr kleinen Teil Nepals wächst.
Während unseres Aufenthaltes in diesem Dorf wurden uns die völlig anderen Lebensumstände und Verhältnisse bewusst. Da das Dorf nur zu Fuß erreichbar ist, muss jedes einzelne Kleidungsstück, jedes Lebensmittel, jeder Kosmetikartikel, jedes Schulheft und alles, was man sonst zum Leben braucht und nicht selbst herstellen kann, dorthin getragen werden. Wir fühlten uns wie 200 Jahre zurückversetzt, in eine andere Zeit. Die Menschen wohnen in Lehmhäusern, jedes Dorf hat eine Wasserquelle - fließend Wasser im Haus gibt es nicht, geduscht wird an der Wasserstelle. Strom gibt es dank einiger Solarpaneele. Die Menschen dort oben leben nahezu als Selbstversorger, ihre Arbeit ist die Landwirtschaft und sie arbeiten tagtäglich für das, was sie zum Überleben brauchen, denn sonstige Einnahmequellen gibt es kaum.
Die Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen hat uns tief bewegt. Dies erlebten wir auch am Hauptfesttag von Dashain, welchen wir gemeinsam mit Dal Bahadur´s Familie verbringen durften. An dem sogenannten Tika-Tag wird in jeder Familie eine Zeremonie abgehalten. Der Älteste der Familie gibt den anderen Familienmitgliedern drei Mal eine Tika auf die Stirn und Jamara ins Haar. Eine Tika entspricht einer Segnung und wir durch einen farbigen Punkt auf die Stirn symbolisiert. Das Jamara ist heiliges Gras und wird am ersten Tag von Dashain angepflanzt, wächst dann im Dunkeln, wodurch es eine fast künstlich wirkende hellgrüne Farbe erhält, und wird am Tika-Tag geerntet. Die jüngeren Familienmitglieder erwidern daraufhin die „Segnung“ indem sie zwei Mal eine Tika zurückgeben.
An diesem Tag wird zu Ehren der Göttin Durga eine Ziege geopfert, und am Abend gegessen. Ganz anders als bei uns ist Fleisch in vielen ärmeren nepalesischen Familien eine Besonderheit und, ebenfalls anders als bei uns, wird dann auch das gesamte Tier verwertet.
Durch all diese Erfahrungen und Erlebnisse während unseres Aufenthaltes in Jajarkot, wurde uns erst bewusst, aus welch armen Verhältnissen viele der Kinder im Kinderhaus kommen. Außerdem erkennt man dadurch erst in welch privilegierten Verhältnissen wir in Deutschland leben und was für eine Chance es für die Kinder darstellt im Haus der Hoffnung aufwachsen und zur Schule gehen zu dürfen.
Celine Bubeck und Elisa Oeller
Dashain in den Häusern
Natürlich wurde auch mit den Kindern, die nicht nach Hause gefahren sind, in den Häusern Dashain gefeiert. Wie das aussah können Sie sich in der folgenden Bildergalerie anschauen. Weitere Infos erhalten Sie, durch klicken auf die Bilder.
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