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Rundbrief Nr. 45

Sommer 2020

Mann mit amputierem Unterarm und Reissack auf dem Kopf
Mann in Nepalganj, mit einem der aus Ihren Spenden finanzierten Lebensmittelpakete.

 Liebe Freundinnen und liebe Freunde,

 

zunächst möchte ich Ihnen heute von ganzem Herzen für Ihre Treue sowie Ihre ständige Unterstützung danken. Sie kommt zum Ausdruck in Ihren Patenschaftsbeiträgen, Ihren allgemeinen Spenden und Ihren Sonderspenden bei den drei Aktionen, die wir seit dem letzten Rundbrief über betterplace und gut-fuer-die-ostalb gemacht haben. Weil Sie sich direkt vor Weihnachten bzw. Ostern und an einem Brückentag zu den festgelegten Stunden Zeit zum Spenden genommen hatten, konnten wir bei den ersten beiden Aktionen insgesamt € 2815 durch die Verdoppelung der Kreissparkasse Ostalb -also als Geschenk -bekommen. Erschüttert und aufgeschreckt durch die hohe Selbstmordrate mit 856 Toten in Nepal –Tendenz steigend -, während es offiziell nur 20 Corona-Tote gab, stellte ich am 15. Juni die dritte Spendenaktion ins Netz, die immer noch läuft.  Nepalesen nehmen sich das Leben, um einem langsamen, qualvollen Hungertod zu entgehen. Da musste ich einfach handeln. Es geht dabei um Wäscherinnen, Händler, die ihre Waren vom Fahrrad aus verkaufen oder Altmetalle und Papier sammeln und weiter verkaufen, Hilfsarbeiter am Bau und Tagelöhner in der Landwirtschaft, Behinderte, alte Menschen ohne Wohnsitz, in Nepal geborene Inder, die sich wegen der nepalesischen Gesetzgebung nicht einbürgern lassen können etc..  Sie gehören meistens sehr niedrigen Kasten an und sind im allgemeinen Analphabeten. Der Staat fühlt sich für sie kaum oder gar nicht verantwortlich. Dazu kommt noch, dass Lebensmittel knapper und teurer werden, so dass viele sie sich nicht mehr leisten können. 

Die Titelseite der Tageszeitung vom 19.03.2020
Die Titelseite der Tageszeitung vom 19.03.2020

Bis jetzt haben wir insgesamt 400 Care Pakete mit 25-30 kg Reis, 4 kg Linsen,1 kg Sojabohnen,  2 l Öl, Salz und teilweise Zucker und im Terai noch 300 Moskitonetze an die oben erwähnten Bedürftigen verteilt, die ihr Glück gar nicht fassen konnten. Manche hatten Tränen in den Augen, denn gar zu selten kommt es vor, dass ihnen jemand etwas Gutes tut. Sie stehen ja auf der untersten Stufe im Kasten-und Gesellschaftsgefüge und werden im Allgemeinen gedrückt. Die Linsen wurden mit Staunen und besonderer Dankbarkeit in Empfang genommen, denn diese Menschen können sich dieses nahrhafte und proteinhaltige Gemüse -ebenso wie Fleisch-nur an den beiden höchsten Feiertagen im Land leisten. In Kathmandu bedachten wir auch ein Heim mit 35 alten, von der Polizei auf der Straße aufgelesenen Menschen. Der Staat brachte sie in einem Gebäude unter, sorgt aber in diesen prekären Zeiten nicht für sie. Die Leiterin dankte uns auf ihrer Facebook-Seite auf Nepalesisch und erwähnte dabei die genauen Mengen, die sie von jedem Artikel erhalten hatten. Mehr zu der ganzen Aktion können Sie hier in unserem Blog lesen. Dort haben wir auch viele Bilder eingestellt und werden immer wieder Neuigkeiten berichten.

Wir sind sehr dankbar, dass unsere Kampagne „ Kampf dem durch den Lock-down bedingten Hunger in Nepal“ bei Ihnen so viel Zuspruch gefunden hat und noch findet, denn noch immer  erhalten wir Spenden.  Bei Abfassung dieses Rundbriefs waren beim Betterplace Projekt und auf dem regulären Spendenkonto bereits sagenhafte

€ 12.735 eingegangen. Haben Sie ganz, ganz herzlichen Dank dafür! Über den Link oder über unser reguläres Spendenkonto können auch Sie noch diese Aktion mit einer Spende unterstützen, denn Ihre Hilfe wird immer noch benötigt. Es warten noch genügend Bedürftige dringend auf unsere Hilfe.

 

Neben Kathmandu verteilten wir noch an zwei Orten im Terai, das im Süden Nepals liegt. Dort lebt die Ethnie der Tharus in noch sehr einfachen und  äußerst ärmlichen Verhältnissen  Unser früherer Leiter, Navaraj, der inzwischen in dieser Gegend wohnt, bat uns um Hilfe, nachdem er eine völlig ineffiziente Lebensmittelverteilung der Regierung erlebt hatte. Die Rationen und die Gesamtmenge der Waren waren so klein, dass die Ärmsten der Armen leer ausgingen. Da er 2015 unsere Erdbebenhilfe geleitet hatte, vertraute er auf die erneute Hilfe unseres Vereins.

Ferner wandte sich Ganga, die bei uns aufgewachsen war,  wegen 2 besonders bedürftigen Haushalten in ihrem Dorf  an uns. Sie hat kurz vor dem Lock-down noch geheiratet. Als Trekking-Guides sind sie und ihr Mann jetzt arbeitslos und zogen zu den Eltern ins Dorf. Beide berichteten von der großen Dankbarkeit der dortigen Empfänger.

Dieser Dank gebührt Ihnen, denn Sie haben diese Hilfe möglich gemacht.

Am 24. März schloss Nepal nicht nur seine Außengrenzen, sondern verhängte eine totale, von der Polizei selbst in den Dörfern streng kontrollierte Ausgangssperre, die von der Rikscha bis zum Überlandbus den ganzen Verkehr lahmlegte. Jetzt erreichen selbst Menschen, die noch einen Job haben, mangels eines öffentlichen Busses oft ihren Arbeitsplatz nicht mehr.

Seit kurzem gibt es auch in Nepal leichte Lockerungen. So dürfen z.B. alle Privatfahrzeuge wieder fahren, aber noch keine öffentlichen Verkehrsmittel. Damit sind die Ärmsten wieder bestraft, denn sie sind auf die öffentlichen Busse angewiesen. Leider ist immer noch nicht klar, wann die Schulen wieder den Unterricht aufnehmen. Da alle Praktikant*innen spätestens Anfang April sicherheitshalber das Land verließen und ein Teil unseres Personals lieber ins Dorf ging als zu uns ins Kinderheim zu ziehen, stehen unsere verbliebenen Mitarbeiter*innen seit drei Monaten vor der großen Herausforderung, die knapp Zweidrittel der verbliebenen Kinder den ganzen Tag, ohne die Möglichkeit eines Ausflugs, in den Häusern zu beschäftigen. Die fehlenden Kinder befinden sich in Absprache mit ihren Familien in ihren Dörfern, weil  die Regierung verfügte, dass sich nicht mehr als 25 Personen an einem Ort aufhalten dürfen. Dieses Ideal haben wir zwar nicht erreicht, sind ihm aber ein wenig näher gekommen. Die  inzwischen erfolgte polizeiliche Kontrolle fand nichts zu beanstanden.

 

Unser Team vor Ort meistert seine Aufgaben hervorragend. Abhängig vom Alter lernen die Kinder täglich morgens und abends ein bis zwei Stunden. Über alle Aktivitäten  bekomme ich ganz regelmäßig per Mail und WhatsApp Auskunft mit Bildern bzw. kurze Videos. Was sind doch die neuen Kommunikationsmittel für ein großer Segen für unsere Arbeit! Noch wesentlicher ist jedoch, dass vor Ort alles gut läuft. Niemand ist bisher erkrankt. Alle Mitarbeiter*innen versehen ihren Dienst immer noch mit Freude, auch wenn sie sich gelegentlich verständlicherweise sehr erschöpft fühlen.

Unser Mitarbeiterteam haben wir sogar während der Corona-Zeit um den Ehemann von Sharmila (genannt „Saru“) Basnet erweitert. Laxman und Saru wohnen jetzt bei unseren Jugendlichen jenseits der Klasse 10 in unserem 3. Haus, denn zur Findung ihrer eigenen Identität und ihres Berufswegs benötigen diese noch dringend weibliche und männliche Ansprechpartner. Und gerade jetzt haben sie sehr viel Zeit, um über sich selbst nachzudenken und Gespräche zu führen. Saru hat sich schon seit eineinhalb Jahren bei uns in der Hausaufgabenbetreuung der Jüngsten sehr bewährt.  Die beiden 27-Jährigen lernten sich im College (nepalesische Kursstufe) kennen, haben beide einen Bachelor in Soziologie erworben und nach sieben Jahren Beziehung geheiratet. Es handelt sich also um eine Liebesheirat, keine arrangierte Ehe, was in Nepal immer noch die Ausnahme ist. Laxman ging dann zum Arbeiten nach Dubai. In dieser Zeit machte Saru ihren Master in Soziologie. Während ihres ganzen Studiums verdiente sie sich ihr Geld im bescheidenen Schmuckladen ihres Onkels im Touristenviertel Thamel.

Ein Lichtblick in dieser schweren Zeit ist die Geburt von Rajeshs und Pallavis Tochter am 27. Juni. Wir freuen uns sehr mit den beiden und gratulieren ihnen ganz herzlich!  Wir hoffen und wünschen, dass dieses Kind in unserer großen Familie gut heranwächst. Um genügend Babysitter brauchen sich die Eltern keine Gedanken zu machen. Die Mädchen stehen schon in den Startlöchern. 

Ursprünglich sollte dieser Rundbrief über unsere Senior-Praktikantinnen, den Englischunterricht für unsere Hausangestellten und einen Besuch gehen, der vor fünf Jahren am Erdbeben scheitere und jetzt nachgeholt wurde. Auch Samjhana und Prakash, die die internationale 10. Klasse am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Marbach am Neckar besuchten, sollten berichten. Sie flogen am 29. Juni mit einem von der nepalesischen Regierung organisierten Rückholflug zurück. Wer weiß, wann und wie sie sonst nach Hause kommen würden. Nepal muss gerade seine Gastarbeiter aus den Golfstaaten und Indien zurückholen bzw. ins Land lassen, weil sie dort arbeits-, brot-, und wohnungslos wurden. Oft schleppen sie Corona ein. Die Regierung meldet stark steigende Fallzahlen, glücklicherweise wenig Tote und viele Genesene. Hoffen wir, dass Samjhana und Prakash gesund bleiben. Die Pandemie zwingt uns, andere Schwerpunkte zu setzen.

Alles ist so ungewiss, dass wir vor Mitte Februar keine neuen Praktikanten nach Nepal schicken wollen (Anm. d. Red. das Einführungsseminar am 25.Juli 2020 wird aber (online) stattfinden) . Unsere Gruppenreise im Herbst können wir leider nicht durchführen. 

Unsere Soforthilfe für (Ver)hungernde wird sicherlich noch einige Zeit gebraucht. Wir sind uns bewusst, dass wir trotz Ihrer Großzügigkeit nur einer relativ kleinen Anzahl von Menschen helfen können. Aber diese Hilfe ist viel besser als gar nichts! 

DANKE, dass Sie mitgemacht haben!

DANKE, dass Sie genau so denken!

DANKE, dass Sie noch mitmachen!

Aus finanziellen, personellen und zeitlichen Gründen können wir nur zwei Rundbriefe im Jahr verschicken.  Neuigkeiten fallen -besonders jetzt -häufiger an. Jakob Neugebauer, ehemaliger Praktikant, derzeit Student und verantwortlich für unsere Webseite, verfasst regelmäßig Blogbeiträge mit Updates für unsere Webseite, die er sehr sorgfältig  pflegt. Schauen Sie rein, es lohnt sich!

Gerne schicken wir Ihnen unseren Rundbrief und manche andere Information per Mail, denn dies ist einfach eine kostengünstige und schnelle Kommunikation, die dazu noch unsere Arbeit sehr erleichtert. Wir würden uns daher sehr freuen, wenn Sie uns, sofern nicht schon geschehen, Ihre E-Mailadresse schicken würden.

Nochmals danken wir Ihnen sehr herzlich für Ihre Hilfe in jeglicher Hinsicht. Wir freuen und bedanken uns schon sehr herzlich, wenn Sie unsere derzeit laufende Care-Paket Aktion noch unterstützen können. Auch Patenschaften sind ab 30 Euro im Monat noch möglich.

Mögen wir alle die Corona-Krise möglichst bald gemeinsam überwinden können, ganz im Bewusstsein der globalen Verbundenheit und Verantwortung füreinander. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und Optimismus

Kommen Sie gut durch diese herausfordernde Zeit und bleiben Sie gesund!

Herzliche Grüße


Eine Vielzahl weiterer Rundbriefe, der vergangenen Jahre, finden Sie auch in unserem Downloadbereich zum Herunterladen als pdf.

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